Freitag, 8.2.2008

Reise

 

 
 05. Februar 2008

FLUG ÜBER DEN MOUNT COOK

"Ein Staubkorn im Universum"

Er flog als Erster mit einem Motor-Gleitschirm über den Mount Cook, den höchsten Berg Neuseelands: Gerry Mayr aus Konstanz erlebte aus der Vogelperspektive einen einzigartigen Blick auf ein gigantisches Bergpanorama - und plötzliche Turbulenzen in 3500 Meter Höhe.

 
Ich und nervös? Quatsch. Es gibt keinen Grund. Gar keinen. Oder vielleicht doch? 3754 Meter ist der Mount Cook hoch, beileibe keine Kleinigkeit. Niemand war vor mir so verrückt, diesen Berg mit einem Gleitschirm zu überfliegen. Ich werde der Erste sein.

 

ÜBERFLIEGER: ERSTER GLEITSCHIRM-FLUG ÜBER DEN MOUNT COOK

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Die Nacht im Minicaravan war unruhig. Nur nichts vergessen - dieser Gedanke lässt wenig Raum für tiefe Träume. Ich habe nur noch diesen einen Morgen, um die Ausrüstung zu kontrollieren. Viel Gepäck kann ich ohnehin nicht nach oben mitnehmen: Notsender, GPS-System, Flugfunkgerät, Handy und Fallschirm.

 

Die technischen Hilfsmittel nehmen mir ein bisschen Verantwortung ab, die letzte trage ich aber selbst. Auch für den Fall der Fälle bin ich vorbereitet: Ich habe Spezialkleidung dabei, die mich auch bei Temperaturen unter minus 15 Grad Celsius warmhält. Ich hoffe nicht, dass ich sie brauchen werde.

Auf dem Heliport von Fox Glacier ist zu wenig Platz für einen Start, ich muss auf einen kleinen Flugplatz der Fallschirmspringer ausweichen. Vor dem Start ist noch ein wenig Feinmechanik angesagt: Der Motor muss für die enorme Höhe etwas magerer eingestellt werden.

Piloten vor Ort geben mir die letzten Anweisungen. Inzwischen ist es elf Uhr, als sich endlich meine Füße vom Boden heben. Mit so viel Sicherheitsausrüstung am Mann ist der Start nicht ganz einfach. Hinzu kommt der rege Verkehr an diesem Vormittag. Lieber drehe ich schnell weg von der Ortschaft, um die mit Rundflügen beschäftigten Piloten nicht zu stören.

Mächtiges Bergpanorama

Die Bedingungen für diesen Flug scheinen an diesem Tag perfekt zu sein. Ein leichter Wind hilft mir, schnell Höhe zu machen. In 1000 Meter sehe ich den ersten Gletscher, den Fox Glacier. Nach weiteren 1000 Meter kommt auch der Tasman Glacier in mein Blickfeld - vor mir eröffnet sich ein gigantisches Panorama. Ich komme mir in dieser Bergwelt so klein und hilflos vor wie ein Staubkorn im Universum.

Mächtig bauen sich der Mount Tasman und der Mount Cook vor mir auf. Ich fliege vor den beiden Bergen hin und her, um Höhe zu machen. Die Luft wird immer dünner. Ab 3300 Metern fängt der Motor an leicht zu stottern, doch während des Fluges kann ich ihn von Hand nicht einstellen. Der Mount Cook liegt jetzt links neben mir - jetzt gibt es kein Zurück. Ich drehe Schirm in den Wind, der Motor läuft auf Volllast, mein Körper schwebt.

Mir war klar, dass es auf der vom Wind abgewandten Seite sehr turbulent werden würde - und es wurde heftig! Der Schirm kollabierte und war eigentlich gar nicht mehr flugfähig. Aber er ist so konstruiert, dass er sich wieder von selbst füllt und fliegt. Mich schaukelt es hoch und runter, es dreht mich, ich weiß gar nicht mehr wo oben und unten ist.

 

Ich komme mir vor wie in einer Waschmaschine. Millionen von Gedanken schleudern durch mein Hirn. Nach zehn Sekunden ist der ganze Spuk vorüber. Als wäre nichts gewesen, gleite ich nun nahezu geräuschlos an dem mächtigen Berg entlang. Ich spüre eine innige Verbindung zwischen mir, dem leisen Pfeifen des Windes und dieser magischen Berge.

 

Ein paar kleinere Turbulenzen folgen, aber die Nervosität ist wie weggeblasen. Ich habe es geschafft, ich habe es hinter mir. Ich entferne mich vom Mount Cook und überfliege ein paar weitere kleinere Gletscher. Immer noch angespannt, aber überglücklich nähere ich mich dem Mount-Cook-Dorf. In meinem Tank ist fast kein Benzin mehr, dafür spüre ich in mir das Gefühl eines unendlichen Sattseins.

Das GPS zeigt mir den Weg zum Mount Cook Flughafen. Noch zwei Vollkreise, dann mache den Motor aus. Nach zwei Stunden habe ich wieder Boden unter den Füßen. Zwei Stunden die auf ewig unvergesslich bleiben werden.

Aufgezeichnet von Reinhild Haacker


 


 
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